Zwischen Zunft und Fabrik – Zur regionalen Gewerbegeschichte von 1763 bis 1799

Kupferstich um 1780
Der fleißige und der faule Leineweberlehrling

Das Schloßbergmuseum widmet sich in der Ausstellung »Zwischen Zunft und Fabrik« der Entwicklung der Stadt Chemnitz im 18. Jahrhundert hin zur Industriemetropole. Anhand zahlreicher Produktions- und Zunftobjekte aus der Sammlung des Museums wird die aufkommende Industrialisierung in Chemnitz und Sachsen veranschaulicht.

Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) gelang der kursächsischen Wirtschaft innerhalb weniger Jahre der Wiederaufbau Sachsens von einem verwüsteten und finanziell ruinierten Land zu einem führenden deutschen Wirtschaftsstandort. Dieser als Rétablissement bezeichnete Prozess ließ eine vielfältige Wirtschaftslandschaft entstehen, in der zum Ende des Jahrhunderts hin die Grundlagen für den Übergang zum Industriekapitalismus gelegt wurden: Das mittelalterliche Instrument der Handwerker-Zünfte erlebte – reformiert und an die neuen Erfordernisse des Marktes angepasst – eine Renaissance.
Privates Unternehmertum gewann an Bedeutung, internationales Finanzkapital und Know-how flossen in die Wirtschaft im Chemnitzer Raum ein. Dezentralisierte und zentralisierte Manufakturen, vor allem in den textilen Gewerken der Region, wurden zu wichtigen Meilensteinen auf dem Weg zur Gründung erster Fabriken. Kultur und Bildung flankierten diese Entwicklung. Das Stadtbild und die Mentalität der Menschen erfuhren einen tiefen Wandel. Sowohl Stadt als auch Region kamen in der Neuzeit an.

Durch eine Vielzahl von Repräsentations- und Ritualgegenständen wie prächtigen Zunftladen und Pokalen, Fahnen und Gemälden zeigt die Schau einerseits die herrschende Dominanz der Zünfte zu dieser Zeit auf.
Sensationelle, von der Forschung bereits vielfach beachtete Objekte wie Maschinen, die noch in den 1770er Jahren in Chemnitz entstanden sind und vor Ort entstandenen Produkte wie Kleider, Stoffe und filigrane Druckmodeln zeigen anderseits aber auch, dass sich die Menschen den Herausforderungen dieser frühen Phase der Globalisierung erfolgreich gestellt haben. Diese Prozesse wurden maßgeblich durch mazedonische Großhändler ermöglicht, die zu günstigen Konditionen Rohstoffe für die Chemnitzer Gewerbe bereitstellten. Ihr Wirken wurde in Portraits gewürdigt, die in der Ausstellung zu sehen sind. Mit den neuen Produktionsformen die in Manufaktur und Fabrik zum Einsatz kamen, wurde die handwerkliche Produktion auf ein neues Niveau gehoben. Damit trat Chemnitz schließlich ins Industriezeitalter ein. Die Ausstellung visualisiert anhand einer Vielzahl historischer Grafiken aus dem 18. Jahrhundert den »europäischen Aktionsraum« der Gewerbetreibenden.